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Hapag-LLoyd verzehnfacht Gewinn

12. November 2021

Während die großen Containerreedereien riesige Gewinne in der Pandemie einfahren, rücken die deutschen Nordseehäfen näher zusammen, um sich gegen die Konkurrenz aus dem Ausland zu behaupten.

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Deutschland Containerhafen Hamburg
Bild: Reuters/F. Bimmer

Die Hamburger Containerreederei Hapag-Lloyd hat in den ersten neun Monaten dieses Jahres ihren Gewinn mehr als verzehnfacht. Unter dem Strich sprang im Zeitraum Januar bis September ein Konzernergebnis von 5,56 Milliarden Euro heraus, nach 0,54 Milliarden Euro ein Jahr zuvor, wie aus dem am Freitag veröffentlichten Quartalsbericht hervorgeht.

Wesentlicher Treibstoff für die Gewinnexplosion sind die enorm gestiegenen Preise - im Branchenjargon Frachtraten - für Transporte auf See, die die Gewinne aller Containerreedereien in diesem Jahr durch die Decke gehen lassen. Die durchschnittliche Frachtrate für den Transport eines Standardcontainers (TEU) war in den ersten neun Monaten dieses Jahres um zwei Drittel auf über 1800 Dollar gestiegen. Der Grund ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren:

Die Corona-Pandemie hat die Fahrpläne der Linienreedereien so durcheinandergewirbelt, dass Schiffe und Container oft nicht da sind, wo sie sein sollen. Zudem hat die früh angesprungene Konjunktur vor allem in China und den USA die Nachfrage nach Seetransporten derart erhöht, dass die Kapazitäten mehr als ausgeschöpft sind.

Prognose deutlich angeboben

Hapag-Lloyd beziffert den Anstieg der durchschnittlichen Frachtrate mit fast 66 Prozent, während das Transportvolumen im Vergleich zur Vorjahresperiode um 3,3 Prozent angestiegen sei. Hapag-Lloyd zählt mit einer Flotte von aktuell 257 Schiffen zu den wichtigsten Containerreedereien weltweit. Der Umsatz kletterte in den ersten neun Monaten um 60 Prozent auf 15 Milliarden Euro.

Symbolbild USA China Handel
Der frühe US-Aufschwung trieb die Frachtraten in die Höhe: Container im Hafen von Los Angeles Bild: Getty Images/AFP/F.J. Brown

Wegen dieser Entwicklung hatten die Hamburger bereits Ende Oktober die Prognosen für das Gesamtjahr 2021 deutlich angehoben. Hapag-Lloyd hofft gleichwohl trotz der positiven Ausnahmesituation bei den Erträgen auf eine baldige Normalisierung. "Jetzt ist es eigentlich zu extrem", hatte Reedereichef Rolf Habben Jansen Ende September der Nachrichtenagentur dpa gesagt.

Die Nachfragesituation in den ersten neun Monaten zeigt sich laut Hapag-Lloyd-Zwischenbericht auch daran, dass es branchenweit praktisch kein Schiff mehr ohne Beschäftigung gibt, das noch reaktiviert werden könnte. Habe der Wert der "aufliegenden" Schiffe Ende Mai 2020 noch bei rund 12 Prozent der Weltflotte gelegen, seien es Ende September nur noch 0,7 Prozent gewesen. Zudem sind dem Bericht zufolge deutlich mehr neue Schiffe in Dienst gestellt und deutlich weniger alte Schiffe verschrottet worden.

Schließlich seien in den Monaten Januar bis September 2021 branchenweit Aufträge für den Bau von 470 Containerschiffen vergeben worden, ein sehr deutlicher Anstieg gegenüber 35 Schiffen im gleichen Vorjahreszeitraum. Hapag-Lloyd selbst wartet auf die Fertigstellung zwölf neuer Containerriesen der größten Megamax-Klasse, die ab 2023 in Dienst gehen sollen.

Auch bei anderen Branchengrößen klingeln die Kassen ähnlich laut wie derzeit bei den Hamburgern: Der Branchenprimus Maersk aus Dänemark, der kürzlich seine Neun-Monats-Ergebnisse veröffentlichte, kam beispielsweise im Zeitraum Januar bis November auf 11,9 Milliarden US-Dollar Gewinn. Das waren rund siebeneinhalb mal so viel wie ein Jahr zuvor, bei einem Umsatzplus von mehr als 50 Prozent auf 43,3 Milliarden Dollar.

Bremen Containerterminal in Bremerhaven
Maersk-Container im Eurogate-Terminal Bremerhaven Bild: Hauke-Christian Dittrich/picture alliance

Auch 2022 bleibt angespannt

Die Transportengpässe und Belastungen für Handel und Industrie durch wackelige Lieferketten werden sich nach Einschätzung von Hapag-Lloyd bis weit in das nächste Jahr hinziehen. "Es gibt noch nicht viele Anzeichen, dass es wirklich besser wird", sagte Konzernchef Rolf Habben Jansen der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. Er rechne damit, dass sich die Lage nach dem chinesischen Neujahrsfest Anfang Februar etwas entspannen werde.

Ein ganz normales Jahr werde es aller Voraussicht aber nicht. Er verwies auf die Pandemie, deren Ende noch nicht absehbar sei. Erst wenn die Einschränkungen bei der Pandemiebekämpfung verringert werden könnten, könne man von Entspannung sprechen. "Dann müsste man erwarten, dass sich die Lage einen Tick verbessert im Laufe von 2022."

"Das Problem mit den Boxen haben wir inzwischen hinter uns", erklärte Habben Jansen. Es seien so viele neue Container gebaut worden, dass Häfen und Reedereien inzwischen gut versorgt seien.

Grundsätzlich gebe es auch ausreichend Schiffe. Derzeit seien die Warenbestände weltweit aber noch sehr niedrig. "Das bedeutet, dass noch viel aufgeholt werden muss." Er gehe auch davon aus, dass viele Unternehmen ihre Lagerbestände im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie erhöhten. "Das wird noch ganz lange dauern, bis sich das normalisiert." Hapag-Lloyd versuche, durch gezielte Investitionen und flexibles Kapazitätsmanagement dazu beizutragen, dass sich die Lage entspanne.

Norddeutsche Hafen-Allianz auf gutem Weg

Die Fortschritte in den Verhandlungen über eine Kooperation der norddeutschen Häfen begrüßte Habben Jansen: "Es ist gut, wenn die besser zusammenarbeiten, denn dann kann man alle Stärken von den norddeutschen Häfen nutzen." Kartellfragen fielen aus seiner Sicht dabei weniger ins Gewicht. Es gehe nicht so sehr um den Wettbewerb zwischen Hamburg und Bremen, sondern zwischen den norddeutschen Häfen und den Konkurrenten Antwerpen und Rotterdam. Der Hamburger Hafenlogistik-Konzern HHLA und sein Bremer Rivale Eurogate hatten am Donnerstag mitgeteilt, die Gespräche über eine Allianz befänden sich auf einem guten Weg.

Seit rund eineinhalb Jahren verhandelt der Hamburger Hafenkonzern HHLA mit der Bremer Eurogate über einen gemeinsamen Containerumschlag. "Ich halte es nach wie vor für möglich, dass bei gutem Willen aller Beteiligter noch in diesem Jahr eine Absichtserklärung unterzeichnet werden kann" sagte HHLA-Chefin Angela Titzrath am Donnerstag.

Containerhafen von Rotterdam
Haupt-Konkurrent in den Niederlanden: Containerhafen von RotterdamBild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Starker Wettbewerb mit Rotterdam, Antwerpen und Danzig

Die Idee einer hafenübergreifenden Zusammenarbeit der bislang konkurrierenden Seehäfen an der deutschen Küste wird seit Jahrzehnten immer wieder vorgetragen. Weil der Wettbewerbsdruck in Europa auch wegen expandierender Rivalen wie Danzig steigt, hat das Thema neue Aktualität bekommen. Titzrath sieht sich durch ein Gutachten der Unternehmensberatung Roland Berger darin bestätigt, dass es besser wäre, wenn die Häfen gemeinsam Investitionen stemmen, die für einen schnelleren Umschlag und für die angestrebte Klimaneutralität nötig sind. "Demnach können die Vorteile, die es auf den Feldern Innovation und auch Nachhaltigkeit gibt, in einer Kooperation ihre Stärken entfalten, um im Wettbewerb in Europa zur Nummer eins zu werden", sagte sie. Vor allem das Thema Nachhaltigkeit sei die "Voraussetzung für den europäischen Champion, den wir bauen wollen."

Titzrath betonte, dass es bei den im Frühjahr 2020 begonnenen Gesprächen nicht um eine Kooperation der Häfen insgesamt gehe. "Hafenzusammenlegung würde ja bedeuten, dass man die Hafenbehörden zusammenlegt", sagte die HHLA-Chefin. "Wir sprechen über eine mögliche Zusammenführung der Aktivitäten von acht Containerterminals in Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven."

Containerschiff "MSC Oscar" im JadeWeserPort in Wilhelmshaven
Bei der Hafen-Allianz dabei: JadeWeserPort in WilhelmshavenBild: picture-alliance/dpa/Ingo Wagner

Keine Hafenzusammenlegung

Diese Aktivitäten könnten in einem gemeinsamen Unternehmen gebündelt werden. Zu Details der Gespräche und zum weiteren Zeitplan wollte sie sich wegen der vereinbarten Vertraulichkeit nicht äußern. Die norddeutschen Häfen mit dem Marktführer Hamburg (rund 8,5 Millionen TEU-Standardcontainer 2020), Bremerhaven (4,8 Millionen TEU) sowie Wilhelmshaven (0,4 Millionen TEU) würden gemeinsam fast mit Rotterdam gleichziehen.

Die Landesregierungen von Hamburg und Bremen haben bereits deutlich gemacht, dass sie an solch einer Kooperation interessiert sind: "Wir sind davon überzeugt, dass ein Verbund sinnvoll ist und perspektivisch zu einer Stärkung der maritimen Standorte in der Deutschen Bucht führt", hieß es im September in einer Erklärung der für Häfen zuständigen Senatsmitglieder der beiden Hansestädte.

Die Gespräche sind allerdings auch deswegen kompliziert, weil an den betroffenen Containerterminals verschiedene Betreiber tätig sind. Verhandelt wird auf der einen Seite von der börsennotierten HHLA, die mehrheitlich der Hansestadt Hamburg gehört. Außerhalb Deutschlands betreibt die HHLA Terminals in Odessa, Tallinn sowie Triest.

Auf der anderen Seite sitzt Eurogate, die wiederum je zur Hälfte dem städtischen Bremer Logistikkonzern BLG und der Hamburger Familie Eckelmann mit deren Unternehmen Eurokai gehört.

tko/hb (rtr, dpa)