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Werden wir schon bald elektrisch fliegen?

Katharina Wecker
23. April 2018

Autos fahren teilweise schon mit Strom. Werden wir in Zukunft auch elektrisch fliegen? Ja, sagt Josef Kallo vom DLR im DW-Interview. Er sieht die Zukunft von Elektro-Flugzeugen aber eher im Regionalverkehr.

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Umweltfreundliches Fliegen mit Elektroflugzeuge, Beispiel Easyjet Wright Electric
Entwurf für einen elektrisch betriebenen Mittelstreckenjet.Bild: Wright Electric

Deutsche Welle: Herr Kallo, Sie forschen beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zum Thema elektrisches Fliegen. Ab wann könnten wir in Elektro-Flugzeugen reisen?

Josef Kallo: Das könnte noch etwa 20 Jahre dauern. Elektrisches Fliegen lohnt sich vor allem im Regionalbereich, das heißt bei Strecken zwischen 250 bis maximal 2000 Kilometern, da stromangetriebene Flugzeuge im Moment nur um die 60 Prozent der Reichweite eines kerosinbetriebenen Flugzeugs erreichen.

Wir sind schon dabei Prototypen zu bauen und werden die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre aber noch weitere Entwicklungen und Zertifizierungen machen müssen. Technologisch ist elektrisches Fliegen machbar, auch wenn die Herausforderungen noch groß sind. Ob es umgesetzt wird, ist vor allem aber eine Kostenfrage. 

Wie genau könnten Elektro-Flugzeuge im Regionalverkehr eingesetzt werden?

Es ist denkbar, kleine Hubs für "Air-Busse" mit zehn bis zwölf Sitzen, vielleicht mit 40 Sitzen, einzurichten. Da elektrische Flugzeuge relativ kurze Start- und Landebahnen brauchen und dazu sehr leise sind, könnten sie in der Nähe von Städten gebaut werden. Dann wäre vorstellbar, dass man sich mit einer App eine Reise bucht und entscheiden kann, ob man mit dem Zug fahren oder mit dem Air-Bus fliegen will, oder eine Kombination aus beidem wählt.

In Deutschland könnte man damit ländliche Gebiete anbinden, wo der öffentliche Nahverkehr nicht gut erschlossen ist. In Baden-Württemberg, zum Beispiel, braucht man von Aalen nach Freiburg mit dem Zug drei Stunden, inklusive Umsteigen. Mit dem Flugzeug wäre man in 45 Minuten da. 

Mehr dazu: Die Flugzeuge von morgen

Fliegen wir dann mit Elektro-Flugzeugen, anstelle die Bahn zu nehmen? 

Elektro-Flugzeuge könnten vor allem dort zum Einsatz kommen, wo es noch keine gute Anbindungen gibt. Sie dienen dann als schnelle Erweiterung der Infrastruktur, ohne dass wir Zugstrecken, Autobahnen, usw. bauen müssten. Das wäre ein Konzept zum Beispiel für Länder wie China oder Indien, wo man relativ einfach große  Bereiche mit einander verbinden könnte.

Außerdem wird es immer mehr Megacities geben, wo sich die Frage stellt, ob man mit Bussen und Zügen noch flexibel genug agieren kann. Elektrisch betriebene Flugzeuge würden sich hier besonders gut eigenen, Menschen und Orte zu verbinden, ohne die urbane Umweltproblematik weiter zu verschärfen.

Josef Kallo
Für Josef Kallo findet der Regionalverkehr der Zukunft in der Luft stattBild: DW/K. Wecker

Wie umweltfreundlich wäre elektrisches Fliegen? Im heutigen Flugverkehr ist CO2 für nur rund die Hälfte aller klimaschädlichen Emissionen verantwortlich. Stickoxide, Kondensstreifen, Wasserdampf und Feinstaub haben einen zusätzlichen Erwärmungseffekt.

Insgesamt wären Elektro-Flugzeuge 10% effizienter als herkömmliche Flugzeuge. Die Energiequelle, also eine Batterie mit einer Brennstoffzelle oder eine Gasturbine mit einem Generator, kann räumlich vom elektrischen Motor getrennt werden.

Dadurch können wir den "Antriebsaktuator" [den Motor, der Strom in mechanische Energie umwandelt] flexibel platzieren, wodurch die Effizienz des Gesamtsystems zunimmt. Das heißt, die Energie, die wir zum Fliegen aufwenden müssen, wäre geringer und somit auch die Emissionen.

Dazu entsteht bei der Nutzung der Brennstoffzelle kein CO2, kein Benzol, keine Partikel, keine Stickoxide, usw. Das wäre tatsächlich schon mit einem Schlag umweltfreundlicher. Bezüglich Kondensstreifen können wir momentan noch keine Aussage treffen. Da müssen wir noch weitere Experimente machen. 

Damit elektrisches Fliegen auch wirklich umweltfreundlich wäre, dürften die Flugzeuge nicht mit Strom aus Kohlekraftwerken oder sonstigen fossilen Brennstoffen "betankt" werden. Hätten wir denn genügend erneuerbare Energien zur Verfügung, um damit fliegen zu können?

In Deutschland regelt der Markt, dass nur so viel Energie hergestellt, wie auch unmittelbar benötigt wird.  Man müsste hier erst noch Kapazitäten für die Bereitstellung der Energie schaffen, um elektrische Flugverkehrskonzepte umsetzen zu können.

Technisch wäre es möglich. Wir sehen, dass es in Italien, Spanien und im Südwesten der USA Orte gibt, wo die Ausbeute aus Solar und Wind so gut ist, dass dort Kapazitäten fürs elektrische Fliegen - zum Beispiel in Form von Wasserstoffelektrolyse - bereitgestellt werden könnten.

Flugzeugbauer wie Boeing und Airbus forschen ebenfalls am elektrischen Flug. Gibt es einen Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft?

Es ist sehr zu begrüßen, dass Flugzeug-OEMs [Die industriellen Hersteller vom Originalbauteilen für Flugzeuge] schauen, was in diese Richtung passiert. Aus der technologischen Sicht können wir sagen, dass wenn wir in zwei bis drei Jahren unsere Hausaufgaben gemacht haben, dann könnten wir gemeinsam etwas auf die Beine stellen, vielleicht einen Prototypen bauen.

Josef Kallo forscht am Institut für Technische Thermodynamik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Stuttgart. Seit 2006 leitet er das Fachgebiet "Elektrochemische Systeme", das sich mit Brennstoffzellen- und Batterien beschäftigt.